Abmahnungen haben insbesondere eine Warnfunktion und fordern zur Unterlassung der gerügten Handlung oder zur Vornahme einer unterlassenen Handlung auf.
Inhalt
Details zur Abmahnung
Verträge sollen Klarheit in unsere Rechtsbeziehungen bringen. Gegenseitige Erwartungen sind hier durch Rechte und Pflichten festgelegt und bestenfalls eindeutig formuliert. Im Falle eines Arbeitsvertrags ist der gemeinsame Zweck z. B. ein beidseitig ertragreiches Arbeitsverhältnis.
Doch was, wenn der Arbeitsvertrag von einer Person nicht beachtet wird und das negative Auswirkungen auf das Miteinander im Team, die Ergebnisse oder auch die Außenwirkung deines Unternehmens hat?
Dann ist die Abmahnung ein effektives Mittel der Wahl. Sie stellt einen freundlicheren, aber auch nachdrücklichen Kompromiss im Vergleich zu Alternativen dar und sind auch meist die rechtssichere Variante.
Wenn dein Unternehmen zudem eine bestimmte Größe erreicht hat (grob gesagt: mehr als zehn Vollbeschäftigte), ist das Kündigungsschutzgesetz zu beachten.
Das bedeutet zum einen, dass du für deine Kündigung einen gesetzlichen Grund wie ein vertragswidriges Verhalten benötigst (allgemeiner Kündigungsschutz). Zum anderen, dass gewisse Personengruppen nur außerordentlich und nur unter weiteren Voraussetzungen gekündigt werden können (besonderer Kündigungsschutz).
In beiden Fällen braucht es bei verhaltensbedingten Kündigungen nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte oft eine Abmahnung. Damit ist sie auch Voraussetzung verhaltensbedingter Kündigungen.
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Was kann abgemahnt werden?
Abgemahnt werden kann vertragswidriges Verhalten. Das Recht meint mit Verhalten nur willentlich gesteuerte Handlungen. Nicht vorwerfbar sind demzufolge z. B. krankheitsbedingte Fehlzeiten.
Beispiele für abmahnbares Verhalten:
- „Krankfeiern“ (ggf. kann hier sogar direkt eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden)
- Verspätungen
- unentschuldigtes Fehlen
- verspätete Krankmeldung
- ungerechtfertigte Arbeitsverweigerung
- Schlechtleistung (hier bestehen aber hohe Hürden!)
- Beleidigung von Teammitgliedern bzw. der Kundschaft
- strafrechtlich relevantes Verhalten
- Bagatelldelikte (ausführlich siehe weiter unten)
Nicht nur du kannst eine Abmahnung aussprechen. Auch dein Personal kann dir gegenüber konkrete Vertragsverstöße abmahnen.
Unternehmensseitig kannst andererseits nicht nur du, sondern jede Person Abmahnungen aussprechen, die deinen Beschäftigten Weisungen erteilen darf. Hier kommen etwa Abteilungsleitende Angestellte in Betracht.
Welche Form muss eine Abmahnung haben?
Gesetzlich gesehen, gibt es keine Formerfordernisse an deine Abmahnung. Du kannst sie schriftlich oder mündlich formulieren. Möchtest du die Abmahnung in die Personalakte aufnehmen, musst du die betreffende Person vorher zu dem Vorfall anhören.
Praxistipp: Zur besseren Beweisbarkeit solltest du rechtlich relevante Dokumente – und dazu zählen auch Abmahnungen – immer schriftlich festhalten.
Ob du deine Abmahnung explizit als solche bezeichnest oder nicht, hat übrigens keinen Einfluss auf ihre Wirkung als solche. Zumindest dann, wenn es sich bei ihr tatsächlich um eine Abmahnung im Rechtssinne handelt.
Dafür müssen der Rechtsprechung zufolge diese drei Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Du musst das abmahnende Verhalten möglichst genau beschreiben. Dazu gehören auch das Datum, die Uhrzeit und ggf. Zeugen des vertragswidrigen Verhaltens. Formulierungen wie „Du kommst häufig zu spät“ sind viel zu pauschal und damit keine Abmahnungen.
2. Außerdem musst du deutlich machen, dass es sich dabei um einen Vertragsverstoß handelt und die Person dazu auffordern, dieses Verhalten zu unterlassen.
3. Du musst der Person klar zu verstehen geben, dass sie im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen hat.
Du musst bei jedem Verhalten entscheiden, ob du deswegen abmahnst oder kündigen möchtest, sofern die Voraussetzungen gegeben sind. Nach einer Abmahnung ist das explizite Verhalten als Kündigungsgrund verbraucht. Du kannst dann erst bei einem neuen Verhalten kündigen, das vorher schon abgemahnt wurde.
Fristen im Kontext der Abmahnung existieren übrigens nicht. Insbesondere gelten keine Ausschlussfristen für die Ansprüche der abgemahnten Person bzgl. der Entfernung einer ungerechtfertigten Abmahnung in der Personalakte.
Allerdings können sie nach gewisser Zeit ihre Warnfunktion verlieren. Beispiel: Du hast ein Teammitglied vor fünf Jahren abgemahnt, weil es zu spät kam. Es hat sich seitdem stets um Pünktlichkeit bemüht, doch plötzlich fehlt es wieder unentschuldigt bei dem morgendlichen Meeting.
Eine verhaltensbedingte Kündigung wäre in dem Fall unverhältnismäßig, weil die vorangegangene Abmahnung bereits in ihrer Warnfunktion nachgelassen hat und sie deshalb im Grunde nicht mehr wirksam ist.
Andererseits kannst du zeitlich gesehen nahezu unbegrenzt rückwirkend einmaliges vertragswidriges Verhalten abmahnen.
Praxistipp: Nimm Vertragsverstöße nicht stillschweigend hin. Solltest du aus falscher Bescheidenheit, des guten Arbeitsklimas wegen oder aus anderen Gründen vertragswidriges Verhalten über längere Zeit tolerieren, kannst du dieses Verhalten später nicht mehr abmahnen.
Schlimmer noch: juristisch spricht man hier von einer Vertragsanpassung aus sogenannten schlüssigen Verhalten. Das bedeutet z. B. im Falle ständiger Unpünktlichkeit, dass der Vertrag dann so auszulegen ist, als wäre es vertragsgemäß, nicht zur ursprünglich vereinbarten Zeit zur Arbeit zu erscheinen.
Wäge also gut ab zwischen Abmahnung und Duldung. Frage dich im Zweifel, ob es für dich in Ordnung wäre, wenn das entsprechende vertragswidrige Verhalten Vertragsbestandteil werden könnte.
Wann ist eine Abmahnung Voraussetzung einer verhaltensbedingten Kündigung?
Um eine ordentliche Kündigung, aber in vielen Fällen auch eine außerordentliche Kündigung aussprechen zu können, ist in der Regel vorher eine Abmahnung des ausschlaggebenden Verhaltens notwendig.
Der Sinn der Abmahnung sollte es sein, dein Teammitglied auf sein vertragswidriges Verhalten aufmerksam zu machen und ihm die Chance zu geben, sich zu verbessern.
Ist allerdings diese Chance schon ein Mal gegeben worden und das Verhalten tritt wieder auf, so ist dir eine weitere Abmahnung nicht mehr zuzumuten. Eine Verhaltensveränderung ist dann nämlich nicht zu erwarten. Aus diesem Grund musst du auch nicht, wie irrtümlicherweise landläufig angenommen, vor einer Kündigung mehrmals abmahnen.
Es muss sich aber wie bereits oben erwähnt, um das gleiche Verhalten handeln, das du auch abgemahnt hast. Andernfalls hätte deine Kündigung vor einem Arbeitsgericht keinen Bestand.
Nach neuerer Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, sind selbst schwerwiegendere Pflichtverstöße wie Diebstahl und Betrug abzumahnen, bevor außerordentlich gekündigt werden darf. Das zumindest, wenn es sich um sog. Bagatelldelikte handelt, bei denen z. B. der (Vermögens-)Schaden nur sehr gering ist.
Das bekannteste Beispiel hierfür ist wohl der Fall „Emmely“ aus dem Jahre 2008. Die Kaiser's Tengelmann-Kassiererin fand zwei Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 Euro und löste sie vertragswidrig ein. Das kam raus und sie wurde entlassen.
Die Kassiererin war jedoch auch aktive Gewerkschafterin und wehrte sich gegen die außerordentliche Kündigung. Der Fall ging bis zum Bundesarbeitsgericht, wo sie 2010 letztlich Recht bekam und die Kündigung wegen Unverhältnismäßigkeit als unwirksam erklärt wurde. Immerhin hatte sich die Kassiererin vorher knapp drei Jahrzehnte nichts Gravierendes zuschulden kommen lassen.
Mit diesem Urteil änderte das BAG seine bisherige Rechtsprechung, bei der sonst auch solche Bagatellen zur rechtmäßigen Kündigung führten. In der Konsequenz bedeutet dies: erst abmahnen, dann kündigen.
Praxistipp: Sollten deine Mitarbeiter z. B. unerlaubterweise Kugelschreiber oder andere geringfügige Gegenstände mitgehen lassen, mahne solch ein Verhalten vor einer Kündigung ab. Bagatelldelikte wie diese sind kein anerkannter wichtiger Grund (mehr) für unmittelbare außerordentliche Kündigungen.
Was ist im Sonderkündigungsrecht bei einer Abmahnung zu beachten?
Ist die betreffende Person durch das Sonderkündigungsrecht besonders geschützt? Dann ist sie nur außerordentlich aus wichtigem Grunde und nur nach vorheriger Abmahnung kündbar.
Dieser besondere Kündigungsschutz kann sich entweder aus der besonderen persönlichen Situation (z. B. Pflegezeit von Angehörigen) oder aus der Stellung im Unternehmen (z. B. Datenschutzbeauftragter oder Gleichstellungsbeauftragter) ergeben.
Fazit
Abmahnungen sind ernst gemeinte Warnungen im Arbeitsrecht.
Sie rügen vertragswidriges Verhalten und sind im Falle der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sogar zwingend notwendige Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung.